Niederrhein-Gin

Wacholder-Claus in Walsum funktioniert heute noch als intakte Dorfgaststätte, wenn auch im Nebenerwerb. Seit Jahrhunderten wird im Duisburger Stadtteil Schnaps gebrannt, bis vor wenigen Jahren noch in „landwirtschaftlichen Kornbranntweinbrennereien“ – die Rohstoffe wurden von ein und derselben Familie angebaut, verarbeitet und ausgeschenkt/vertrieben. Dieses nachhaltige Wirtschaftsmodell funktioniert in unserer von tödlichem Preisdruck und Rationalisierung gerade im Lebensmittelbereich gekennzeichneten Zeit nicht mehr – dennoch öffnet Theodor Claus seine in fünfter Generation geführte Kneipe an vier Tagen in der Woche – und schenkt nach wie vor Selbstgebrannten aus.

Zur alljährlich im Juli abgehaltenen Walsumer Wacholderkirmes öffnet die vollständig erhaltene Brennerei für vier Tage ihre Türen und kann besichtigt werden. Im kommenden Jahr feiert die Wacholder-Quelle ihren 300. Geburtstag, das Gebäude ist längst als Baudenkmal anerkannt. Die Wacholderbrennerei Claus ist übrigens Station 21 der Themenroute „Brot, Korn und Bier“ der „Route der Industriekultur“ im Ruhrgebiet. Ein Besuch dort ist ein im Gedächtnis bleibendes Erlebnis. Einmal in Walsum, empfiehlt es sich, auch im Brauhaus Urfels einzukehren – das Walsumer Dunkel ist ein mildmalziges, obergäriges Bier von durchaus guter Qualität. (Zur nächsten Einkehr werde ich auch eine Kamera mitnehmen.)

Ein „richtiger“ Gin ist natürlich deutlich mehr als solch ein im Rheinland und in Westfalen beheimateter Wacholderbrand. Teilweise über 20 Gewürze aromatisieren die britische Variante der Spirituose. Der Claussche Wacholder ist geschmacklich genauso eindimensional wie wuchtig – und will auch gar nichts anderes sein als ein guter, klarer Schnaps.