Gemüse des Monats: Gelbe Melde
Veröffentlicht: Mai 19, 2016 Abgelegt unter: Gemüse | Tags: gartenmelde, Gemüse des Monats, Lenßenhof, melde, salat 3 KommentareAuch in diesem Jahr wird auf den Feldern des Lenßenhofs in Mönchengladbach neben den rheinischen Standards ein besonderes Gemüse angebaut. Nach den erfolgreichen Versuchen mit der Haferwurzel im Vorjahr hat sich Biobauer Joachim Kamphausen im Frühjahr Saatgut für die Gelbe Melde besorgt – und in diesen Tagen wird geerntet. „Alte Kulturpflanze, weltweit verbreitet“, fasst das Arche-Noah-Sortenhandbuch trefflich und präzise zusammen. Ließe sich noch ergänzen, dass die Gartenmelde als Gemüse schon mit den Römern ins Rheinland kam, zusammen mit dem Mangold. Aber aus den mittelalterlichen Küchen wurde sie dann vom Spinat verdrängt. Die seltenen Zubereitungsempfehlungen heutiger Küchenkundiger lavieren dann auch stets in diesem Referenzrahmen. „Wie Spinat verwenden“, heißt es meist lapidar – und unzureichend. Auch der Saatguthändler weiß es nicht besser.
Doch lassen sich die Unterschiede leicht erkennen. Das Blatt der Melde ist dickfleischiger, die Stiele kompakter. In ihnen steckt auch ein besonderes Unterscheidungsmerkmal: eine deutlich wahrnehmbare, feine Säure, an den Ampfer erinnernd, geschmacklich dadurch jedenfalls weit weg vom Spinat. Salzig-mineralische Anklänge spielen neben der grundsätzlich frischen, grünen Aromatik von Atriplex hortensis eine feine Nebenrolle. Daher meine erste Empfehlung: unbedingt roh essen, zum Beispiel als Salat (siehe unten). Wer sie wild an Feldrändern findet, wird diese Geschmacksnuancen deutlicher ausgeprägt erkennen. Doch auch die Kulturform Gelbe Melde ist ideales Salatgemüse. Und ja, auch blanchiert, gedünstet oder gedämpft macht das Grünzeug, das oft als Unkraut verunglimpft wird, richtig was her. Wie Spinat eben.
Übrigens: Niederrheinische Küchentraditionalisten machen einen Eintopf draus. Wenn Rübstiel (Stielmus) abgeerntet ist, folgt die Melde ihm nach und wird zusammen mit Kartoffeln in einer kräftigen Brühe gekocht, veilleicht mit einer hohen Rippe, und leicht gequetscht serviert.
Salat von der Gelben Melde (Vorspeise für 4)
400 g Gelbe Melde
1 Bund Radieschen
Je 1 TL Honig und Kapern
Je 2 EL Rapsöl, Apfelessig und Apfelsaft
1 Stange grüner Knoblauch (Bundknoblauch)
Salz, Pfeffer
Die Melde verlesen, waschen und trockenschleudern. Die groben Stiele abschneiden und zur Seite legen. Die Radieschen waschen und in feine Scheiben hobeln. Für das Dressing alle anderen Zutaten zusammen mit den Stielen in einen Mixbecher geben und mit dem Stabmixer zu einer homogenen Salatsauce verarbeiten. Diese unter die Melde und die Radieschen heben und als frischen Frühlingssalat genießen.
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Dieser Beitrag ist der siebenundzwanzigste in der Reihe “Gemüse des Monats”, die in Zusammenarbeit mit dem Lenßenhof in Mönchengladbach entsteht.
Gemüse des Monats: Feldsalat
Veröffentlicht: November 17, 2014 Abgelegt unter: Gemüse | Tags: bamberger hörnchen, feldsalat, haferwurzel, nüsslisalat, salat 5 KommentareAnstelle des gemeinen Kopfsalats kann man auch die Tageszeitung essen. Ernährungsphysiologisch gesehen, kulinarisch eh. Ein hellgrünes Nichts, zumeist. Ursache für weitverbreitete Grünzeugabneigungen unter kritischen Essern, Kindern zumal. Bisweilen wird sogar umgekehrt ein Schuh draus: „Der Wert des Salats besteht für die meisten ja gerade darin, dass er keine Nährstoffe enthält.“ Wir alle kennen sie, die Menschen, die eigentlich das süße Nichts suchen und es auf großen grünen Tellern auch finden. Gerne in Kombination mit einer anderen moralischen wie gourmandisen Todsünde, dem Putenbruststreifen. Doch das ist ein weiteres, übles Thema.
Überraschung: Ich bin kein Salatfreund. War es als Kind nie, trotz täglicher Konfrontationstherapie. Werde es nimmermehr sein. Die die Regel bestätigenden Ausnahmen: Alle bitteren Varietäten wie Endivie, Radicchio oder Chicorée sind gern gesehene Gäste in der Gesindehausküche. Und der Märchenfreund und Nussimitator: der gewöhnliche Feldsalat. Der so heißt, weil er, bis er vor einigen hundert Jahren kultiviert wurde, wild wuchs auf hiesigen Äckern. Doch auch damals schon nicht als Unkraut – ein relativ modernes böses Wort überhaupt – geschmäht wurde, sondern fleißig gepflückt und gegessen. Nicht weil er satt machte oder gar gesund erhalten sollte. Er schmeckte schlicht. Und tut es heute noch. Eine der Gemüsesorten (Ist Salat überhaupt Gemüse?), die es vollbringt, grüne und braune Aromen in sich zu vereinen und ohne jegliche Verarbeitung preiszugeben. Die Kombination aus kräutriger Frische mit erdiger Nussigkeit ist wunderbar.
Die Ernte ist nun in vollem Gange und währt wohl noch bis zum ersten harten Frost. Denn nur aus Freilandanbau macht das Grünzeug rechte Freude, die Blätter sind dunkler, dicker, kräftiger im Geschmack. Auch wenn die Treibhauspflanzen durch klinische Sauberkeit bestechen, sollte die Mühen der Entsandung nicht scheuen, wer im Mund mehr will als pappiges Nirvana. Interessant in diesem Zusammenhang: Es werden wieder häufiger alte, hiesige Sorten kultiviert wie Valerianella eriocarpa cv – auch Kölner Palm genannt. Ich kombiniere den Salat gerne mit anderen Erdfrüchten, die Nussahnungen evozieren. Wie zum Beispiel:
Feldsalat mit Haferwurz und Chips von Bamberger Hörnchen
300 g Feldsalat
2 Haferwurzeln
3 Bamberger Hörnchen
4 Walnüsse
1 Hand voll getrockneter Sauerkirschen
alter Balsamico
natives Distelöl
Salz, (langer) Pfeffer
Ein klassisches Essig-Öl-Dressing wird dem feinen Salat am ehesten gerecht, wobei der alte Balsamico geschmackliche Tiefe verleiht. Die Haferwurzeln in wenig Wasser in 15 Minuten weich dünsten, in Streifen schneiden und in Butter langsam schmoren, bis sie leicht braun sind. Die Kartoffeln in dünne Scheiben schneiden und in der gleichen Pfanne knusprig braten und leicht salzen. Mit den Kirschen und grob zerhackten Nüssen vermengen und anrichten. Dazu passt formidabel ein Glas frisch gepresster Mandarinensaft.
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Dieser Beitrag ist der vierzehnte in der Reihe “Gemüse des Monats”, die in Zusammenarbeit mit dem Lenßenhof in Mönchengladbach entsteht.