Gemüse des Monats: Radicchio

Radicchio ist ein Zicchoriensalat. Zu dieser Sortengruppe gehören zum Beispiel auch andere Blattgemüse wie Chicorée, Zuckerhut oder die Gelbe von Triest. Sie alle stammen ursprünglich von der wilden Wegwarte ab, deren angeblich magische Wirkung in vielen germanischen und romanischen Sagen und Mythen beschrieben wurde. Im östlichen Mittelmeerraum wurden die Zichorien schon im Altertum in Kultur gepflanzt, allerdings zielte der Anbau meist auf die Nutzung der Wurzeln ab.

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Nach dem Mittelalter wurde deren Verwendung als Kaffeeersatz in Mitteleuropa populär. Parallel wurde in der Landwirtschaft Venetiens, vornehmlich um die Städte Chioggia und Treviso herum, aus der Urpflanze eine Gemüsekultur entwickelt. Heute wird nördlich der Alpen meist der Radicchio Rosso di Chioggia angebaut, weil diese Varietät extra für kühleres Klima optimiert wurde. Der längliche Radicchio Rosso di Treviso Tardivo treibt meist im Winter und ist wegen Optik (dunkelrot und lockerer Wuchs) und Aromatik (bitter-erdig) Genießers Liebling.

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Kennzeichnendes, geschmackliches Merkmal aller Zichoriengewächse ist eine gewisse Bitterkeit, die den Inhaltsstoffen Inulin und Intybin geschuldet ist. Beim Radicchio wird die kulinarische Attraktivität zusätzlich durch das rot-weiße Farbspiel sowie durch die feste und doch knackig-frische Textur gekennzeichnet. Ob als hocharomatischer Blattsalat zusammen mit fruchtigen Komponenten oder als Schmorgemüse zur Pasta – die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Auf dem letztjährigen Lenßenhoffest habe ich die Köpfe geviertelt und in Ausbackteig (Pastella) frittiert, wodurch der Aggregatzustand ins Schmelzige changierte. Das schmeckte wunderbar.

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Nicht nur eine hübsche Alliteration sondern auch ein geschmacklich komplexes Gericht ist das folgende Risotto. Das gewisse Etwas, eine aromatische Tiefe, erhält es durch dem Radicchio zugefügte Röstaromen.

Radicchio-Risotto (Vorspeise für 4)

1 Radicchio, geviertelt
2 Schalotten, gewürfelt
1/2 Knoblauchzehe
120 g Rundkornreis
100 ml fruchtiger Rotwein
1 l Gemüsebrühe
50 g Parmigiano, gerieben
Butter, Olivenöl

Eine schwere, beschichtete Pfanne mit wenig Olivenöl einpinseln und den Radicchio einlegen. Aufheizen und auf Sicht von allen Seiten hellbraun braten (wenige Minuten). Radicchio etwas salzen und zur Seite stellen. Dann wie gewohnt ein Risotto anrühren. Vor dem ersten Angießen von heißer Brühe den kleingeschnitten Radicchio in den Topf geben und unterrühren. Am Ende mit dem Käse und viel kalter Butter abrunden und von flachen Tellern genießen.


Dieser Beitrag ist der neunundzwanzigste in der Reihe “Gemüse des Monats”, die in Zusammenarbeit mit dem Lenßenhof in Mönchengladbach entsteht.


Schweinhack mit Wirsing und Möhre (Mandu revisited)

Am Tag der großen Mandu-Produktion kam nach den mittäglichen Mul Mandu abends dies hier auf den Tisch:

 Koreanisches Zweierlei vom Schweinehack mit bittersüßem Radicchio

Koreanisches Zweierlei vom Schweinehack mit bittersüßem Radicchio

Neben den klassischen Nudeltaschen enstanden aus dem üppigen Rest der Füllung Asia-Bouletten. Hierzu habe ich lediglich ein Ei beigemengt und Tischtennisball große Kugeln in Panko gewälzt und fettgebacken. Ein guter Kontrast entstand beim Verzehr: Prinzipiell dasselbe (teigummantelte Fleischklopse) schickte die Geschmacksphantasie beim Beißen und Kauen und Schlucken in völlig verschiedene Richtungen. Krosse Kruste gegen seidigweiche Hülle – ein feiner Zweikampf, der unentschieden endete. Wie ich auf die Idee kam, geschmorten und mit Tamarindenmus, Thai-Chili und Ketjap Manis gewürzten Radicchio dazu zu reichen, weiß ich nicht. Eine situativ perfekte Idee – deren Wiederholung jedoch in den Sternen der angewandten Küchenanarchie steht.

Song of the day: Kyla La Grange – Courage


Barfuß tanzen, mit Lasagne im Leib

Die Urmutter der Posterköniginnen aller Indieboys war – lange vor zum Beispiel PJ Harvey oder CocoRosie – in den späten 70ern unbestritten die drogengeschwängerte Patti Smith. Auch mir war heute nach Barfußtanzen, allerdings in der Küche. Übermäßiger Kalorienverbrennung muss jedoch ausreichend Üppiges entgegengesetzt werden, also stand Lasagne auf der Playlist.

Der morgendliche Marktbesuch hatte den Weg gewiesen, Fenchel, Radicchio und zwei leicht geräucherte, pfeffrige Mettwürste waren die Ausbeute und kreatives Grundgerüst für die Ofenpasta. Dazu die – Achtung, schlimmster kulinarischer Wortwitz ever – Becher-Mehl-Sauce und ein Rest Bio-Bergkäse aus der Eifel, gerieben. Weitere Ingredienzien: Knoblauch, Olivenöl, Zwiebel, Tomaten, Rosmarin.

Barfuß-Lasagne: Die Zutaten

Barfuß-Lasagne: Die Zutaten

2 Ansätze

2 Ansätze

Finetuning mit Tomate und Riesling

Finetuning mit Tomate und Riesling

Zusammenbau

Zusammenbau

Barfuß-Lasagne, serviert

Barfuß-Lasagne, serviert

Ob das Role-Model aller Indieboys aus den 90ern – zumindest derer, die zuviel gelesen und zuwenig  getanzt hatten – Lasagne mag, muss ich noch recherchieren. Dass Jochen Distelmeyer jedoch unerwarteterweise ebenfalls gerne barfuß tanzt, lässt sich zumindest vermuten: