Pfälzer Wein, sozialer Sonnenschein und alte Hüte
Veröffentlicht: April 4, 2011 Abgelegt unter: Wein | Tags: chapeau krauß, facebook, krauße schwarzer, lambsheim, lukas krauß, men without hats, silvaner, weinbauer, winzer 6 KommentareIm Pop-Pleistozän, damals, zu Beginn der 80er, als die Wucht von Punk bereits verblasste und Stil wieder wichtig wurde, sang eine kanadische Combo “we can act like we come from out of this world – leave the real one far behind”. Safety Dance hieß der Song, der ein Welthit wurde und die Kapelle Men without hats. New Wave war eine Epoche, die besonders in Deutschland bisweilen dadaistische Blüten trieb.
30 Jahre später verstopft mir der Track als Ohrwurm die Synapsen, sitze ich doch an einem heißen Frühlingssonntag auf einem kahlen Weinberg in der Rheinpfalz und sehe einen jungen Kerl aufgeregt vor mir herumhüpfen. Er hantiert mit Würsten, Vinyl und Wein. Die reale Welt ist in Form einer Zusammenrottung von Facebookjüngern über ihn hineingebrochen. Er nennt sich Mann mit Hut und noch bin ich mir nicht sicher, was er wirklich ist. Provinzpapa, Winzerstar, Marketinggeschöpf. Was ich weiß: Lukas Krauß ist 23 und hat mir in der letzten Stunde schon drei verschiedene Weiße ins Glas gegossen. Einer besser als der andere!
Vor ein paar Monaten las ich im Netz über den Jungen aus Lambsheim, der gleich mit seinem ersten Jahrgang die Fachwelt überzeugte und das Publikum derart begeisterte, dass er alsbald auf dem Trockenen lag. So schnell verkaufte sich sein Suchtmittel – bis er jetzt Teile des neuen Jahrgangs präsentieren kann. Es wird nicht lange dauern, dann ist er wieder ausverkauft. Die Menge 2010er ist überschaubar – und das Ergebnis grandios. In diesem Segment habe ich mir in den letzten Monaten beispielsweise keinen besseren, knackigeren Silvaner durch die Kehle rinnen lassen. Und ich habe einige entkorkt, als Teil meiner rheinhessischen Feldforschung.

Weinhappening auf Pfälzer Höhen
Dutzende Jung-Connaisseure schlürfen sich samt Sonnenbrand in Freudentaumel – sie alle haben sich in Lukas’ sozialen Netzen verfangen. Er hat online geladen und wir alle strömen den Hügel hinan. Leicht hippiesk ist diese Improvinophilie, inzwischen dröhnen Zappa, Marley und die Scherben vom Plattenteller, Kinder (davon zweimal Winzernachwuchs) wetteifern schreiend mit den kläffenden Hunden um die akustische Hoheit. Dazu passt perfekt ein Schoppenwein: „chapeau krauß“ ist eine reichlich bunte, wahre Floraleskapade, lockerleichte und sonnenfrohe Weißweincuvée. Die Idealbesetzung für Säuremuffel und andere Blumkenkinder. (Obwohl die Analyse sogar einen Säuregehalt von 8,2 g/L ausweist, wie mir Lukas gerade mailt.)

Weinbauer in Aktion
Der zuvor gehegte, leise Verdacht, bei Herrn Krauß handele es sich schlicht um ein Consulting-Projekt oder die Kreatur einer Geisenheimer Bachelorarbeit im IWW-Rahmen, hat sich inzwischen genauso verflüchtigt wie die vom Lambsheimer Weinbauern angelegten Weinvorräte. Wir trinken zum Abschied „krauße schwarzer“, einen formidablen roten Verschnitt – und müssten eigentlich stilecht in die glutrote Abendsonne reiten, den Hut tief in’s Gesicht gezogen. Wir verlassen uns jedoch auf deutlich mehr Pferdestärken und einen durchschnittlich nüchternen Fahrer – nicht ohne den Kofferraum vollzuladen mit allerlei Preziosen und der Gewisskeit einer Wiederkehr.
Im Pop-Pleistozän, damals, zu Beginn der 80er, als die Wucht von Punk bereits verblasste und Stil wieder wichtig wurde, sang eine kanadische Combo “we can act like we come from out of this world – leave the real one far behind”. Safety Dance hieß der Song, der ein Welthit wurde und die Kapelle Men without hats. New wave wurde die Epoche genannt.
30 Jahre später verstopft mir der Track als Ohrwurm die Synapsen, sitze ich doch an einem heißen Frühlingssonntag auf einem kahlen Weinberg in der Rheinpfalz und sehe einen jungen Kerl aufgeregt vor mir herumhüpfen. Er hantiert mit Würsten, Vinyl und Wein. Die reale Welt ist in Form einer Zusammenrottung von Facebookjüngern über ihn hineingebrochen. Er nennt sich Mann mit Hut und noch bin ich mir nicht sicher, was er wirklich ist. Provinzpapa, Winzerstar, Marketinggeschöpf. Was ich weiß: Lukas Krauß ist 23 und hat mir in der letzten Stunde schon drei verschiedene Weiße ins Glas gegossen. Einer besser als der andere!
Vor ein paar Monaten las ich im Netz über den Jungen aus Lambsheim, der gleich mit seinem ersten Jahrgang die Fachwelt überzeugte und das Publikum derart begeisterte, dass er schnell auf dem trockenen lag. So schnell verkaufte sich sein Suchtmittel – bis er jetzt den neuen Jahrgang präsentieren konnte. Es wird nicht lange dauern, dann ist er wieder ausverkauft. Die Menge 2010er ist überschaubar – und das Ergebnis grandios. In diesem Segment habe ich mir in den letzten Monaten beispielsweise keinen besseren Silvaner in den Schlund geschüttet. Und ich habe einige entkorkt, als Teil meiner rheinhessischen Feldforschung.
Dutzende Jung-Connaisseure schlürfen sich samt Sonnenbrand in Freudentaumel – sie alle haben sich in Lukas’ sozialen Netzen verfangen. Er hat online geladen und wir alle strömten den Hügel hinan. Leicht hippiesk ist diese Improvinophilie, inzwischen dröhnen Zappa und Marley vom Plattenteller, Kinder wetteifern schreiend mit den kläffenden Hunden um die akustische Hoheit. Dazu passt perfekt ein Schoppenwein: chapeau krauß ist mit reichlich Restzucker eine wahre Floraleskapade, lockerleichte und sonnenfrohe Weißweincuvée. Die Idealbesetzung für Säuremuffel und andere Blumkenkinder.
Der zuvor gehegte Verdacht, bei Lukas Krauß handele es sich schlicht um ein Consulting-Projekt oder die Kreatur einer Geisenheimer Bachelorarbeit im IWW-Rahmen, hat sich inzwischen genauso verflüchtigt wie die vom Lambsheimer Weinbauern angelegten Weinvorräte. Wir trinken zum Abschied krauße schwarzer – und müssten eigentlich stilecht in die glutrote Abendsonne reiten. Wir verlassen uns jedoch auf deutlich mehr Pferdestärken und einen durchschnittlich nüchternen Fahrer – nicht ohne den Kofferraum vollzuladen mit allerlei Preziosen und der Gewisskeit einer Wiederkehr.