Gemüse des Monats: Bamberger Krumbeere (ehemals Bamberger Hörnchen)
Veröffentlicht: Februar 23, 2016 Abgelegt unter: Gemüse, Kulinarik | Tags: bamberger hörnchen, Bamberger Krumbeere, Bratkartoffeln, Gemüse des Monats, hörnla, Kartoffel, kartoffelsalat, lenssenhof 5 Kommentare„Die Knollen dieser Kartoffel sind klein und fingerförmig und leicht hörnchenförmig gekrümmt, in wenigen Exemplaren auch mit einer leichten, zweiten Gegenkrümmung oder mit bizarr verwundenen Formen.“ So steht es im 2012 gestellten Eintragungsantrag nach Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union. Weiterhin steht dort: „Aufgrund des besonderen Geschmacks, welcher auf die besonderen klimatischen Bedingungen im geografischen Gebiet zurückzuführen ist, genießt das Bamberger Hörnla beim Verbraucher und insbesondere bei Feinschmeckern ein hohes Ansehen. “ Das besondere ist also der kräftig-nussige Geschmack, einzigartig bei speckig-festkochenden Kartoffeln. Dass allerdings dieser tatsächlich wunderbare Geschmack nur dann anzutreffen ist, wenn der Erdapfel auf fränkischer Scholle wächst, können alle die mit mir zusammen bestreiten, die schon Hörnle aßen von rheinischen oder niedersächsischen oder schwäbischen Äckern.
2013 allerdings wurde diesem Antrag stattgegeben und seitdem ist Bamberger Hörnchen eine „ geschützte geografische Angabe “. Heute dürfen die gleichen Bauern und Gärtner, die sich über Jahrzehnte erfolgreich um den Bestand der vom Aussterben bedrohten Sorte (und Archepassagier) bemüht haben, dieselbe nicht mehr unter ihrem eigentlichen Namen vermarkten. Zumindest dann nicht, wenn sie nicht in einem der drei fränkischen Regierungsbezirke Ober-, Mittel- und Unterfranken ansässig sind. Auf dem Lenßenhof in Odenkirchen am Niederrhein beispielsweise werden zwar Bamberger Hörnchen angepflanzt, im Hofladen verkauft werden die ausschließlich manuell geernteten Feldfrüchte allerdings als Bamberger Krumbeeren. Ähnlich geschützt sind beispielsweise Höri Bülle (rote Zwiebeln vom Bodensee) oder Filderkraut. Da es sich dabei jeweils um spezifische Pflanzensorten handelt, ist eine gewisse systemimmanente Logik zu erkennen – wenn auch nicht nachzuvollziehen. Absurd wird es aber, wenn verarbeitete Lebensmittel wie Rheinisches Zuckerrübenkraut oder gar nur vage Ideen wie die Frankfurter Grüne Soße geschützt sind. (Eine Übersicht über alle „geschützten“ Lebensmittel in der EU findet sich hier.)
Zurück zum Nachtschattengewächs: Deutlich aromatischer als beispielsweise die weiter verbreitete französische Schwester „La Ratte“ ist die Bamberger Kartoffel allemal. Ideale Verwendung findet sie im Kartoffelsalat oder in Butter geschwenkt zu feinem Gemüse oder Fisch. Für mich ist sie zudem die perfekte Bratkartoffelkartoffel. Dazu verwende ich sie mit Schale und roh.
Bratkartoffeln für 2
500 g Bamberger Krumbeeren
Öl (mit einem hohen Rauchpunkt oder ein gutes Schmalz)
1 Eisenpfanne
Salz
Wenig ist zu beachten bei der Zubereitung von Bratkartoffeln, doch das Wenige ist essentiell: 1. Die Kartoffelscheiben dürfen nicht zu dünn geschnitten werden – 0,5 cm sind ein passabler Anhaltspunkt. 2. Eine Eisenpfanne zeitigt deutlich bessere Ergebnisse als beschichtete Exemplare. 3. Sehr heiß muss die Pfanne sein, bevor Öl und Kartoffeln hinein kommen – nur so wird das Ergebnis kross. 4. Immer nur eine Lage braten, schichten verboten. 5. Kein Speck, keine Zwiebeln.
Die perfekten Bratkartoffeln werden erst gegen Ende der Zubereitung (die ca. 15 Minuten dauert, bei auf mittlere Temperatur heruntergeschaltetem Herd) gesalzen und sind außen kross und innen fein-schmelzig. In einem idealen Leben werden sie begleitet von einem leicht bitteren Salat (Endivie oder Radicchio zum Beispiel) mit einem säuerlichen Dressing. Dazu trinke ich Apfelsaft oder ein fränkisches Bier, zur Versöhnung.
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Dieser Beitrag ist der fünfundzwanzigste in der Reihe “Gemüse des Monats”, die in Zusammenarbeit mit dem Lenßenhof in Mönchengladbach entsteht.
Die sind lecker, egal, wie sie geheißen werden. Aber Krumbeere? Das muss doch Grumbeere heißen, denn erstens kommt das von Grundbeere, zweitens ist der Franke gar nicht in der Lage, eine hartes K auszusprechen.
Klar ist auch diese Bezeichnung irre. Grumbeer ist ja ein Begriff aus der Pfalz. Und bedeutet übrigens „Grundbirne“, nicht – beere.
🙂
Mit der Birne hast da natürlich recht, das habe ich auch mal gewusst, dass die Pfälzer die Erdäpfel als Grundbirnen bezeichnen.
Das blaue Label von der EU (geschützte geografische Angabe) ist bei vielen Produkten leider recht irreführend, denn es besagt: „Bei der geschützten geografischen Angabe (g.g.A.) muss mindestens einer der Produktionsschritte Erzeugung, Verarbeitung oder Zubereitung in der betreffenden Gegend, dem Ort oder Land stattfinden.“ Bei Schwarzwälder Schinken, der dieses Label trägt, findet i.d.R. nur das Räuchern im Schwarzwald statt, das Schwein, von dem der Schinken stammt, kann auch Schleswig-Hostan, Holland oder Neuseeland aufgewachsen sein. Diese Regel heißt im Prinzip, dass man die Kartoffeln wieder Bamberger Hörnla nennen darf, wenn man daraus in Bamberg Bratkartoffeln herstellt.
Auf das rote Label ist mehr Verlass: „Bei der geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.) finden sowohl Erzeugung (d.h. auch die Rohstofferzeugung), Verarbeitung sowie die Zubereitung in der betreffenden Gegend, dem Ort oder Land statt.“
Irreführend, ja. Soweit ich das verstanden habe, gilt Dein Einwurf aber nur für verarbeitete Produkte. Wie z.B. absurderweise auch die Frankfurter Grüne Soße.
Bei Pflanzensorten wie eben der besagten Kartoffel ist recht eindeutig beschrieben, dass sie nur unter diesem Namen vermarktet werden darf, wenn sie in einem der 3 fränkischen Regierungsbezirke geerntet wurde. (Gilt übrigens nicht für Pflanzkartoffeln derselben Sorte – die dürfen inkonsequenterweise von überallher stammen.)