Zygi

Eine ganze Reihe kraftvoll schöner, am Stück gewachsener Orte sah ich in Zyperns Bergen beim heutigen Autowandern. Lageiea, Farmakas, Odou, Sykopetra. Dort wohnen Menschen, die an den Küsten ihr Geld verdienen als Motoren der touristischen Infrastruktur oder in der Fabrik. Wahrscheinlicher noch als Handlanger des globalisierten Großkapitals aus Russland oder dem Libanon in einem der grauen Büotürme von Lefkosia. Zypern ist Euro-Steueroase und Sprungbrett wirtschaftlich ambitionierter, mittelprächtiger Schurkenstaaten. Doch davon nicht mehr, keinerlei Ambition, diese Reportage zu schreiben über einen Riss im Fundament des windschiefen Freudenhauses Europa. So viel nur: Es lässt sich aushalten in den trutzigen  Bergdörfern. Gediegen geht’s zu in wildromantischer Natur. Hermetisch auch – in keinem Kaff fand ich ein mich erwartendes Gastgewerbe. Nur Mauern, Wald und Wild, Orangen und Wein, Menschen nie, dafür steinschlaggesäumte, herrlich haarnadelige Serpentinen. Auf über 1000 Metern dann rief das Meer.

Eine verdammt lange Einleitung, um ein paar Worte über Zygi in die Blogosphäre abzusetzen. Ich erwähne diesen Namen, weil ich das Fischerkaff allen ans Herz lege, die je die Zwischenjahreszeit in glücklicher Klausur auf diesem Eiland verbringen. Irgendwann werdet auch Ihr essen müssen! Zwar könnte ich in meinem Landhausappartment kochen, tue es aber nicht. Ein Land in wenigen Stunden zu erkennen, ist das eine – die Erkundung vertrauenswürdiger Lebensmittelanbieter aber ist bisweilen eine Sache von Jahren.

Barben

Essen gehen ist anders, in fremden Ländern. Da spielt der Spaß an der Projektion eine große Rolle. In Zygi am Kai beispielsweise liegen etwa 20 Fischerboote, ähnlich viele Tavernen säumen die Küste. Ich habe noch niemals ein Wort gehört von Überfischung, Schleppnetzen oder Artensterben. Ich bin ganz Reiz-Reflex-Schema. Zum dritten Mal schon esse ich hier, in immer anderem Lokal, aber eigentlich stets dasselbe. Aktuell gegrillten Octopus. Mit einem richtig guten Weißen im Glas. Zuvor hatte ich frittierte ganze Fische, Meerbarben wohl. Auch unbekanntes Gekröse. Ganz einfach alles in der Zubereitung, ohne Fremdaromen. Mit Salat, der als einzige Extravaganz auch mal mit frischem Koriander gepimpt ist, und frittierten Kartoffeln. Wichtig: Das Meer in der Nase und im Blick. Dann am Gaumen. Im Magen. Die Füße ins Wasser halten, noch eine Zigarette zum Ouzo am Pier.

Der Zyniker verliert heute gegen das Klischee.


3 Kommentare on “Zygi”

  1. Lakritze sagt:

    Ist ja auch Weihnachten.

  2. oachkatz sagt:

    Das Klischee, es lebe hoch. Und jetzt möchte ich da bitte auch hin.

  3. chezmatze sagt:

    Ach ja… Erinnert mich doch sehr an Paul Theroux‘ „An den Gestaden des Mittelmeers“. Auch eine tolle Winterreise. Bei den Fischen dürfte es sich übrigens eher um Brassenartige gehandelt haben ;). Mit fischigen Grüßen vom Kontinent


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