Milchreis, Rhabarberkompott und Schwarzbrotkrokant – Niederrheinischer Frühling, Teil 1

Wir sind ein Volk. Der Holländer und ich. Das wird mir immer wieder bewusst, wenn ich durch Limburg fahre, met de fiets – natuurlijk. Trotz aller eingeborener Distanz – die Grenzlandbewohnern überall auf der Welt eigen ist – und manch despektierlicher Allüre. Schon die Verwendung des Begriffs „Holländer“ ist nicht nett im eigentlichen Sinne, bezeichnete er doch ursprünglich lediglich die Bewohner der ehemals waldreichen westlichen Gebiete der Niederlande. Holland = Holzland, etymologisch betrachtet. Sprachwissenschaftlich sind wir erwiesenermaßen Schmarotzer eines Wirts, die Niederrheiner und die Limburger. Limburgisch ist eine Abart des niederfränkischen Dialekts – und die Bezeichnung der Sprache, die uns alle eint. Wobei ich einst im germanistischen Seminar lernte, dass wir Niederrheiner uns des südniederfränkischen bedienen. Doch das ist alles een pot nat. (Interessierten empfehle ich die Arbeiten von Theodor Frings).

Ich aß also seit langer Zeit einmal wieder einen rijstevlaai von der Banketbakerij Lamers im Eigenwijs in Venlo. Milchreisfladen wäre eine unzulängliche Übersetzung für diese vorzügliche, regionaltypische Torte (Rezept einer Bloggerkollegin). Warum Milchreis jedoch im ganzen Verbreitungsgebiet der limburgischen Sprache (auch und vor allem in Belgien) bei Süßspeisen eine so dominate Rolle spielt, vermochte ich nicht zu eruieren. In Skandinavien wird süßes Milchrisotto ja vergleichbar häufig serviert und verehrt – für mich gehört es untrennbar zum kulinarischen Kulturerbe meiner Heimatregion. Deshalb stelle ich es an den Anfang einer siebenteiligen Reihe über hiesige Spezialitäten aus meiner Küche und säume somit das Pferd (auch dazu kommen wir noch) von hinten auf mit dem Dessert: Milchreis mit Rhabarberkompott und Schwarzbrotkrokant.

Wie aus Roggenvollkornbrot Krokant wird und was man daraus noch machen kann, habe ich hier beschrieben. Dass Rhabarber keine autochthone Art ist, ist mir bewusst. Dennoch ist der Himalaya-Knöterich weit verbreitet zwischen Maas und Rhein – van Nahmen macht beispielsweise einen vorzüglichen Nektar – und die Ernte beginnt gerade. Für das Kompott die von den äußeren Fasern befreiten Stangen in Stücke schneiden und mit wenig Wasser und Honig einmal aufkochen lassen, vom Herd nehmen und bei geschlossenem Deckel ziehen lassen. Saure Sache, aber wenn die drei Komponenten später Geschmacksnervenpingpong spielen, passt das.

Milchreis, rheinisch

Milchreis, rheinisch

Milchreis ist Kindheitstraum. Für manche Trauma, weil sie ihn nur aus der Kühltheke kennen. Ich bereite ihn aus dem gleichen  Rundkornreis zu, den ich auch für Risotto oder Paella verwende (z. Zt. Arborio); dazu Milch (ca. dreifaches Reisvolumen), ein Schuss Sahne, reichlich eigener Vanillezucker, eine Prise Salz. Alles einmal aufkochen, Herd aus, quellen lassen. Hin und wieder umrühren. Beim Anrichten sollte alles noch lauwarm sein, dann freut sich der Gast. Oder wer auch immer.

Die Musik dazu kommt aus Nijmegen, der ältesten niederländischen Stadt. Go Back To The Zoo schießen gerade durch die Decke – demnächst auch in Ihrem Musikfernsehen – so lange schon  einmal hier mit einem Stück für den dansvloer:

Niederrheinischer Frühling, Teil 2: Schellfisch mit Düsseldorfer Senfsahne, dazu in Altbier-Pastella ausgebackener Chicorée . Bald. Ebenso Lehrreiches zu der Frage, warum Niederrheiner die verschwiegensten Rheinländer sind. Stumm wie ein Fisch sind sie nicht, aber bisweilen Kommunikationswestfalen.

Ach ja, Afra meint, ich solle mitmachen beim Blogevent Kulinarische Reise durch das Rheinland – was ich hiermit tue. Gastgeber ist der Edekaner.
Blog-Event LXVI  - Eine kulinarische Reise durch das Rheinland (Einsendeschluss 15.04.2011)


15 Kommentare on “Milchreis, Rhabarberkompott und Schwarzbrotkrokant – Niederrheinischer Frühling, Teil 1”

  1. Mestolo sagt:

    Smakelijk!! Und wie geschaffen für dieses Event!!

  2. oachkatz sagt:

    Spannend. Allerdings habe ich beiher mit dunklem Brot im Dessert keine so richtig gute Erfahrung gemacht. mein Gaumen sträubt sich dagegen.

  3. Jutta sagt:

    Jetz habbisch Heimweh…

  4. Afra Evenaar sagt:

    Ha! schön! freu mich, auch auf die kommenden Rezepte.

  5. Lakritze sagt:

    Interessante Milchreisvariante (ich kenne ihn mit Rosinen, Mandeln und Quark-Ei-Masse); der Niederrhein scheint mir kulinarisch immer verlockender …

  6. utecht sagt:

    @mestolo
    helemaal!

    @oachkatz
    sei versichert: weder textur noch geschmack haben beim krokant viel mit brot gemein…

    @jutta
    gab’s bei euch schwarzbrotkrokant?

    @afra
    du machst ja inzwischen auch nen rheinischen blog!

    @lakritze
    „interessant“ ist aber ein böser verriss, oder?

  7. Afra Evenaar sagt:

    Stimmt gar nicht. Ich merke nur, dass ich viel mehr rheinisch koche, als ich mir je hätte träumen lassen. Zum Beispiel Eure beliebten Untereinander oder diese milchsäurevergorenen Bohnen … kommt alles über den Kerl.

  8. azestoru sagt:

    Milchreis könnte ich auch mal machen. Hab ich bisher nur von Mama gekriegt. Die packt ihn nach dem Aufkochen erst in Zeitungen, dann in Decken und Tücher ein, stellt ihn so aufs Sofa und dekoriert mit einigen Kissen. Dann darf er quellen. Und beim Öffnen riecht man erst warmgewordene Druckerschwärze und schließlich den Milchreis.

  9. utecht sagt:

    @azestoru
    Bei uns kam er ins Bett!
    @lakritze
    Wohl wahr.

  10. Edekaner sagt:

    Schwarzbrotkrokant, genialer Name. Vielen Dank für deine Teilnahme am Blogevent.

  11. ilse sagt:

    Dein Musik-Sommelier hat da ja das perfekte Milchreisvideo ausgesucht


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